Das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid verstößt gegen das Grundgesetz. Das entschied soeben das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (BVerfG, Urt. v. 26.02.2020, Az. 2 BvR 2347/15; 2 BvR 651/16; 2 BvR 1261/16).
Es gebe ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, während der Urteilsverkündung. Das schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen. Der § 217 StGB mache das weitgehend unmöglich.
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten und kann als „Tötung auf Verlangen“ geahndet werden. Passive Sterbehilfe wie der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen ist möglich, sofern es eine gültige Willenserklärung etwa in Form einer Patientenverfügung gibt.
Vor dem Verfassungsgericht wurde eine besondere Form der Beihilfe zum Suizid verhandelt. Denn weil Selbsttötung an sich nicht unter Strafe steht, kann es auch die Beihilfe nicht sein. Im Jahr 2015 jedoch wurde „geschäftsmäßige Beihilfe“ strafbar. Dies hat das Bundesverfassungsgericht nun gekippt.
Es bezog sich dabei auch auf die Möglichkeit, dass die Assistenz beim Suizid auf Angehörige oder Nahestehende beschränkt ist. Diese Möglichkeit sei damit eine theoretische, sagte Voßkuhle. Denn im juristischen Sinne geschäftsmäßig können Ärzte oder Sterbehilfevereine bereits dann handeln, wenn sie diese Beihilfe gewähren und dies dann auch mehr als einmalig vorhaben.
Erfolg für Sterbewillige und Ärzte
Für die Ärzte und schwerstkranken Menschen, die in Karlsruhe geklagt hatten, ist das ein großer Erfolg. Sie stehen stellvertretend für viele Mediziner und schwerstkranke, sterbewillige Menschen bundesweit. Letztere können seit 2015 nur noch auf Freunde und Angehörige und damit auf nicht-professionelle Hilfe zählen, wenn sie selbstbestimmt sterben wollen (§ 217 Abs. 2 StGB).
Ärzte, welche die Hilfe zum Freitod als Teil ihrer ärztlichen Tätigkeit begreifen, müssen nicht mehr fürchten, sich nach § 217 StGB strafbar zu machen, wenn sie auch einem Patienten Sterbehilfe leisten, sofern sie dabei bloß die Absicht haben, es wieder zu tun, wenn ein anderer Patient sie darum bittet.
Die klare Feststellung, dass die freie Entscheidung zur Selbsttötung zu akzeptieren ist, also auch eine unheilbare Krankheit nicht Voraussetzung ist, dürfte auch Auswirkungen auf die Praxis haben, entgegen einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts keine tödlichen Medikamente herauszugeben.