„Perfekte Zähne“. Damit dürfen Zahnärzte und Kieferorthopäden nicht werben. Denn bei Ärzten und Zahnärzten rechnen die Patienten nicht mit reklamehaften Übertreibungen. Das entschied aktuell das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt.
Ausgangspunkt dieser Entscheidung war ein wettbewerbsrechtlicher Streit zwischen zwei Kieferorthopädinnen. Die eine hatte die Angaben auf der Homepage der anderen für unzulässig gehalten. Dort hieß es u.a.:
„x ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim 1. Termin, welche Ergebnisse sie innerhalb von sechs Monaten erreichen können.“ „… man (erhält) 14 Schienen für jeden Kiefer, die man jeweils zwei Wochen trägt, jede Schiene ist anders und verändert ihre Zähne Schritt für Schritt… Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner Lächeln.“
Die Kieferorthopädin scheiterte zunächst mit einem Antrag aur Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dann aber hatte sie Erfolg vor dem OLG Frankfurt (Urt. v. 27.02.2020, Az. 6 U 219/19 – veröffentlicht am 14.04.2020 – Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 26/2020 v. 14.04.2020 ).
Es sei gemäß § 3 S. 2 Nr. 2a Heilmittelwerbegesetz (HWG) unzulässig, durch Werbeaussagen den Eindruck hervorzurufen, dass ein bestimmter Erfolg „sicher“ eintrete, so das OLG.
Die Angabe „perfekte Zähne“ sei kein reines subjektives Werturteil. „Zwar mag die Perfektion von Zähnen nicht vollständig objektivierbar sein“, konstatierte das OLG. Offensichtlich aber gehe es hier um die Korrektur von Zahnfehlstellungen. „Der Umstand, ob Zähne gerade sind oder nicht, lässt sich durchaus vom Standpunkt eines objektiven Betrachters beurteilen und wird in der Werbung auch fotografisch dargestellt“, führte das OLG weiter aus. Damit enthalte die Werbeaussage einen objektiven Tatsachenkern, der zugleich ein Erfolgsversprechen beinhalte.
Der angesprochene Kreis poentieller Patienten verstehe ein solches Werbeversprechen der Perfektion im hier gegebenen Kontext auch nicht als bloße reklamehafte Übertreibung. Patienten sei zwar geläufig, dass Superlative in der Werbung oft nur als Anpreisungen und nicht als Tatsachenbehauptung seien. Dies gelte jedoch nicht bei dem Werbeauftritt einer Ärztin.
Hier bestehe aus Sicht der Patienten eine andere Erwartung als bei Werbemaßnahmen „normaler“ Unternehmen. Die Verbraucher brächten Ärzten und Zahnärzten aufgrund ihres Heilauftrags ein besonderes Vertrauen entgegen. Daher gehe man von einer gewissen Objektivität / Sachlichkeit und Zurückhaltung bei Werbeangaben aus. Folglich seien sie weniger geneigt, von einer bloßen reklamehaften Übertreibung auszugehen. Sie nehmen „die Angaben in Zweifel ernst“, resümiert das OLG. Die im Eilverfahren mit mündlicher Verhandlung ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
MedRecht-Resümee: Das Urteil ist inhaltlich richtig. Es fügt sich ein in bisherige Rechtsprechung. Die vor Jahren vorgenommene „Lockerung des (zahn)ärztlichen Werberechts“ erfolgte nur in Grenzen. Sachlichkeit / Objektivität sowie Angemessenheit hat oberstes Gebot. (Zahn)Ärzten ist berufswidrige Werbung verboten (§ 27 Musterberufsordnung Ärzte – MBO-Ä). Berufswidrig ist Werbung, die unsachlich ist und/ oder anpreisend, irreführend oder vergleichend.